Nacht am Landwehrkanal

Das folgende Gedicht habe ich vor ein paar Jahren geschrieben. Vielleicht sieht der eine oder andere beim Lesen, wie es ist, nachts am Landwehrkanal in Berlin entlang zu gehen.

Es verrotten im Dunkeln die
abgezogenen Splitter der Nachthaut:
Die in der Hand erloschene Asche, ein
sich streifender Schritt und der Hauch
des bitteren Atems.

Abgewaschen vom Regen wie Staub
und in denSekundenspiegel gespült
wo Mond, Wolken und Stadt eins sind;
so täuscht der Kanal.

In seinen dunklen Wassern
treiben Rose und Rose und Rosen
mit ihren Gefährten den Blättern
seit fast hundert Jahren
durch die Stadt.

Kein Fisch berührt
das trübe Licht ihrer Augen
und wäscht den gewonnenen Saft der Frühe heraus:
einen fernen Festzen Musik,
ein schnell vorbeifahrendes Auto,
das letzte Wort einer Liebe.

In der Dämmerung trägt der Fremde müde
seine wertvollste Sprache zu Markte.
Er geht über Einwegbrücken, unter denen
andere schlaftrunken
den letzten Gedanken
an eine zu öffnende Tür verschwenden.